Sonntag, 16. April 2023

Heimatgeschichte(n) - Saalhoffer Ley (oder "Leben auf Pump")


Die "Saalhoffer Ley" ist ein Bachlauf, der ursprünglich durch Niederschlagswasser gespeist wurde und nach der Stilllegung des ansässigen Bergwerkes nun auch mit Grundwasser vollgepumpt werden muss, da das gigantische Tunnelsystem der ehemaligen Zeche nicht sehr stabil und der Untergrund ständig in Bewegung ist. Wusstet Ihr, dass zwischen dem Niederrhein und Hamm sich an verschiedenen Stellen die Erde in den letzten 100 Jahren großflächig um bis zu 25 Meter gesenkt hat? Unglaublich, oder?! Das ist ein megagroßes Problem! Denn auch wenn der Boden absinkt, behält das Grundwasser sein Niveau, so dass es an manchen Stellen hier bei uns am Niederrhein bis an die Oberfläche kommen würde. Könnt Ihr Euch vorstellen, dass über zweihundert Pumpwerke seit Jahrzehnten laufen und niemals abgeschaltet werden dürfen, weil sonst weite Teile der niederrheinischen Ebene haushoch überspült würden? Das ist doch verrückt, oder?! Die sogenannten "Ewigkeitskosten" belaufen sich zurzeit auf über 85 Millionen Euro pro Jahr und das natürlich mit steigender Tendenz. Aber das nur am Rande. Die "Saalhoffer Ley" beginnt ("entspringt" kann man nicht sagen, da es keine Quelle gibt) südwestlich am Fuß des Kamper Berges direkt neben dem Golfplatz, wird am Ende des Kamper Berges in Höhe der Kirchstraße verrohrt und erst kurz vor dem im Osten befindlichen Naturschutzgebietes in der "Leucht", einem Naherholungsgebiet, wieder offen gelegt. Sie speist dort eine kleine (etwa einhundert Meter breite), verwunschene Niedermoorrinne. Ein Naturschutzgebiet, das auf mehr als einen Kilometer Länge mit seinem Erlenbruchwäldern, Feuchtbrachen, Kleingewässern und angrenzenden Laubwaldbeständen zum Betrachten einlädt. Auch im ersten Abschnitt direkt am Fuße des Kamper Berges scheint eine neue Niedermoorrinne dank der "Saalhoffer Ley" zu entstehen. Wusstet Ihr, das Niedermoore CO2 aus der Atmosphäre binden können und somit einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten? Gleichzeitig bieten sie Lebensraum für zahlreiche seltene und gefährde Tier- und Pflanzenarten. Ein Niedermoor kann wie ein Schwamm Wasser in der Landschaft halten und so Witterungsextreme (z.B. Starkregenereignisse oder auch längere Trockenheit) abpuffern. Während das Wasser das Moor durchfließt, wird es gefiltert und gelangt dann als sauberes Wasser ins Grundwasser. Niedermoore sind also sozusagen die Nieren unserer Landschaft und überaus schützenswert. Die "Saalhoffer Ley" mündet gemeinsam mit der "Heydecker Ley" knapp 100 Meter westlich der A57 in Saalhoff in die "Alpsche Ley".



Quellennachweise:

Bilder: 
01-09 Saalhoffer Ley plus Feuchtgebiet / Kamper Berg
10-12 Saalhoffer Ley plus Niedermoorrinne / Leucht


14 Kommentare:

  1. Die menschengemachten Absurditäten lassen mich ja doch immer wieder erschauern, so schön das alles ausschaut! Danke fürs Zeigen!
    Sonntagsgrüße aus Köln!
    Astrid

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  2. Das es große Probleme in so manchen Bergbaugebieten mit alten Schächten gibt, ist ja eigentlich nichts Neues. Aber Deine Erklärungen haben mich schon etwas sprachlos gemacht. Wie kurzfristig der Mensch doch immer wieder denkt.
    Wunderschön anzusehen ist das Naturbiotop aber auf alle Fälle. Der kleine Frosch gefällt besonders :)
    habt einen schönen Sonntag und liebe Grüsse
    Nina

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  3. Liebe Nicole,
    was du da schreibst, ist echt heftig und nein, das wusste ich nicht. Aber man liest inzwischen immer öfter, von Erdrutschen und Löchern, die sich urplötzlich im Boden auftun, wo früher eventuell einmal Stollen oder ähnliches waren. Und wenn ich jetzt wieder die halbe Welt wegen der Abschaltung der Atomkraftwerke jammern höre, kommt mir die Galle hoch. Mit dem Problem der Endlagerung wollen sich diese Leute überhaupt nicht beschäftigen, frei nach dem Motto: Nach uns die Sintflut. Wobei die ja durch den Klimawandel durchaus noch kommen könnte.
    Danke für diesen interessanten Beitrag und die Verlinkung zum Natur Donnerstag.
    Herzliche Grüße – Elke

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  4. von Helga:

    Liebe Nicole,

    Ja, Heimatgeschichten sind schon was einmaliges. Hätten wir so nie gewußt in unserem urigen Bayern. Lernen durch lesen bei Bloggern die sich da viel Arbeit und Mühe machen, damit es gelingen mag. Man kann kaum glauben was unser Land alles überdenken und im Griff haben muß, überall sind Fachkundige gefragt und Arbeitsplätze werden benötigt. Die meisten Menschen machen sich darüber aber Null Gedanken, im Gegenteil soviel Zuwanderer, es platzt aus allen Nähten. Wie soll das noch enden...?
    Danke es war ein äußerst interessanter Bericht den wir sehr gerne und aufmerksam gelesen haben.

    Herzliche Sonntagsgrüße von Helga mit Kerstin

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  5. Liebe Nicole,
    das haben wir letztes Jahr im Ruhrgebiet auch erfahren.
    Dort laufen rund um die Uhr Pumpen, damit die Hohlräume, die dort vom Kohleabbau mit Wasser vollgelaufen sind, nicht überlaufen.
    Das fand ich richtig faszinierend.
    Schön ist es bei Euch im Sumpf,
    Du wohnst schon in einer tollen Gegend.
    Dir einen schönen Abend, lieben Gruß
    Nicole

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  6. Hallo Nicole,
    nein, das wusste ich nicht, sehr interessant und etwas unheimlich wenn man drüber nachdenkt, was wäre wenn die Pumpen nicht mehr laufen würden.
    Deine Bilder sind wie immer total schön, eine schöne Gegend in der Du wohnen darfst.
    Liebe Grüße zu Dir
    Manu

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  7. Liebe Nicole,
    auch ich bin diesbezüglich völlig unwissend und lese um so interessierter deine so informativen Posts!
    Deine Fotos sind herrlich !
    Liebste Grüße
    Gabi

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  8. Ihr lieben da draußen in der Bloggerwelt wollt, dass ich heute von einem schönen Ort zum nächsten reisen darf. Grad bei Nicole die Industriearchitektur bestaunt, stehe ich jetzt mit den Füßen im Wasser und drehe und drehe und drehe mich. Wundervoller Ort! Danke!
    Alles Liebe
    Elisabeth

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  9. Ich drück die Daumen,
    dass ein neues Moor entsteht.
    GLG, Karin

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  10. Ja. das ist ein Problem und Pumpen brauchen ja auch Strom!!!
    Was ist, wenn der mal ausfällt?
    Es ist alles nicht soo einfach.
    Liebe Grüße Eva

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    1. Was vergessen.
      Wie schön so ein Stromausfall sein kann beschreibt doch Herr Habeck zusammen mit seiner Frau.
      Kleine Helden, große Abenteuer.
      Liebe Grüße Eva

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  11. ein wirklich interessanter beitrag! dass die pumpen im dauereinsatz sind, wusste ich nicht. wir haben ja hier das ehemalige salzbergwerk asse in wenigen kilometern nähe. dort gab es auch schon diverse wassereinbrüche. wenn man weiß, dass dort atommüll gelagert wird, wird einem schon angst und bange.
    liebe grüße
    mano
    ps: post von dir ist hier leider nicht im kasten gelandet. schade! kleiner tipp: lies mal meinen beitrag über den elfenpfad :))!

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  12. Heimatgeschichten werden mir immer kostbarer, vor allem, wenn sie mit solch lichtvollen Fotos geschmückt sind.
    Die Umweltthemen sind dennoch dramatisch - und der Mensch kaum lernfähig. Die, die immer schon bewusst waren, bleiben es - die, die keinen Blick und kein Verständnis dafür haben, werden ihre fahrlässige Haltung wohl leider auch beibehalten.
    Einzig bei jüngeren Menschen sehe ich Hoffnung - sie sind teilweise sehr motiviert und haben dennoch auch eine große Bürde zu tragen ...
    Liebe Grüße, C Stern

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  13. Moore sind wunderschön und absolut schützenswert. Wir haben letztens auch eines im Allgäu besucht. Die Menschen haben das früher gar nicht so überblickt, als der Bergbau im Ruhrgebiet boomte. Ich bin dort ja über der Kohle aufgewachsen und mir ist das durchaus ein Begriff. Aber die Menschen, die heute nach Atomkraft jammern, haben ja durchaus die Möglichkeiten zu schauen, wie lange nachfolgende Generationen noch mit den Folgen leben müssen.
    Danke für diesen schönen Beitrag!
    Liebe Grüße
    Andrea

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♥ Danke, dass Du Dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst ♥

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