Ich stehe am Fenster und blicke nachdenklich in den Garten. Den ganzen Nachmittag haben mein Göttergatte und ich den eisigen Ostwind ignoriert und im Garten gewerkelt. Einige Zweige unserer Hainbuchenhecke mussten weichen, deren zartes Grün nun in einer schlichten Glasvase im Licht der untergehenden Märzsonne den Frühling versprechen. Still ist es gerade im Haus, mein Göttergatte arbeitet im Homeoffice und die beiden Jungs daddeln unabhängig voneinander in ihren Zimmern. "Meine Kinder!", denke ich und mit wird ganz warm ums Herz. Wenn ich an die Einstellung mancher jungen Leute denke, bin ich froh und dankbar, dass meine beiden Jungs von sich aus zu Hause bleiben wollen. Was hat mein Sohnemann gesagt? "Meine Mama und mein Papa und meine Großeltern sind mir wichtig. Ich möchte, dass es ihnen gut geht und dass wir bald wieder alle zusammen normal leben können.". Wieder normal leben, leben überhaupt - mir wird bange zumute. Was kommt da noch auf uns zu? In Gedanken sehe ich die schrecklichen Bilder aus Italien und denke daran, was mir eine liebe Freundin anvertraut hat. Ihr graut es davor, dass ihre Lieben sich anstecken und einsam und verlassen ihren letzten Weg gehen müssen. Irgendwo vergessen in einem überfüllten Krankenhaus. Mein fast blinder Vater von neunzig Jahren kommt mir in den Sinn. Erst gestern hat er, als ich ihm sein Mittagessen gebracht habe, mir nahe gelegt, meine Besuche einzustellen. Dabei ging es dem alten Mann nicht um sich, nein, er hat Angst um mich. Er hatte Tränen in den Augen als er zum Abschied sagte: "Nicole, sieh zu das du gesund bleibst, wenn es mich trifft, ist das nicht schlimm. Aber du, sieh zu, dass du gesund bleibst. Deine Kinder brauchen dich. Du brauchst nicht mehr zu kommen.". Leise Tränen laufen über mein Gesicht und mich schüttelt es. Nein, solche Gedanken bringen mich nicht weiter. Noch ist es nicht so und ich versuche die Last der Gedanken abzuschütteln. Ich wische energisch über meine Wangen, straffe meine Schultern und gehe ins Wohnzimmer vorbei an unserem alten Weichholz-Buffet, an dem eine Leine mit lieben Karten und Briefen befestigt ist.
Claudia,
Kirsten,
Magdalena und
Nina haben in den letzten Wochen ganz lieb an mich gedacht, wofür ich sehr dankbar bin. Mein Blick fällt auf den hübschen Kalender von
Astrid. März 2020. Ein Monat, der in die Geschichte der Menschheit eingehen wird. Wie er dastehen wird entscheiden wir mit. Jetzt. Bleibt zuhause - rettet Leben!
Ihr Lieben, passt auf Euch auf.
Bleibt tapfer, stark und gesund!
Alles Liebe, Nicole